Radikale Änderung der Agrarförderung: Mehr soziale und ökologische Treffsicherheit

von Hannes Swoboda

Die letzten Wochen haben vor allem in Deutschland große Streiks der Bauernschaft gezeigt. Unabhängig vom konkreten Anlass machten sie ein generelles Unbehagen mit den Agrarförderungen deutlich. Änderungen sind nötig. Aber der Streit geht auch darum in welche Richtung die Änderungen erfolgen sollen. In Ergänzung unserer Aktivitäten im Rahmen des „Earth4All“ Projekts des Club of Rome konnte ich kürzlich mit dem politisch versiertesten Kenner der europäischen Agrarpolitik, dem ehemaligen EU Kommissar Franz Fischler reden. 

Franz Fischler hat schon als er noch in der EU tätig war für eine radikale Änderung der Agrarpolitik plädiert. Die flächenabhängige Förderung sollte degressiv gestaffelt werden und überdies sollte eine Obergrenze an Fördermittel eingeführt werden. Aber er fand keine Mehrheit. Nicht zuletzt Deutschland votierte dagegen. Nun plädiert er für die völlige Abschaffung  der Flächenprämie. Es sollte die zweite Säule der Förderung als einzige Förderschiene  ausgebaut werden und auf diesem Weg stark in die ökologische Qualität der Landwirtschaft investiert werden. Das betrifft nicht zuletzt die Bodenqualität. Das sollte dazu führen, dass einerseits der Boden wieder mehr Kohlenstoff aufnimmt und lagert aber anderseits auch die Erträge gesteigert werden. Dabei wäre es vor allem wichtig umfassendere Ökoregionen auszuweisen in denen in besonderem Maße der Boden Kohlenstoff aufnimmt und speichert.

Das Denken in Qualität statt Quantität  muss auch die Viehhaltung betreffen. In etlichen Regionen Europas, inzwischen auch in Österreich, gibt es einen zu hohen Viehbestand auf die Fläche bezogen. Das reduziert die Biodiversität. Mehr Vieh führt zu einem verstärkten Mähen. Das zerstört genauso die Artenvielfalt wie das Mehr an Mist und Gülle. Es sollte auf die Fläche bezogene Obergrenzen der Viehhaltung geben. Durch eine qualitätsorientierte Förderung und/oder durch höhere Preise für Qualitätsprodukte müsste der finanzielle Verlust abgegolten werden.   

Insgesamt sollte verstärkt danach betrachtet werden, die von der EU vorgegebenen Ziele und die in den nationalen Strategieplänen angeführten Vorhaben auch in die Tat umzusetzen. Die schwache und lückenhafte Überwachung und Evaluierung dieser Ziele entspricht nicht den Anforderungen einer klimabewussten Agrar- und Ernährungspolitik. Nun, man kann nicht erwarten, dass alle Landwirt:innen und auch Konsument:innen diesen Umstrukturierungen zustimmen.  Aber das ändert nichts daran, dass wir eine Agrarpolitik und insbesondere eine Agrarförderung brauchen die sozial gerechter und klimapolitisch effizienter  und effektiver ist.