Wellbeing: die Herausforderung

Wissenschaft und Zivilgesellschaft sind seit über 50 Jahren dabei, Vorschläge auszuarbeiten und zu publiziert, wie das gute Leben innerhalb dieser Grenzen erreichbar ist. An vielen Orten sind richtungweisende Pilotprojekte entstanden, die zeigen, wie es geht. Und die Politik folgt nun seit einigen Jahren sehr zögerlich. Transformation in Richtung Nachhaltigkeit bedeutet aber Änderungen auf allen Ebenen, so dass sich schließlich das System wandelt – und das durchweg zum besseren! Auch das haben Wissenschaftler seit der Veröffentlichung des Club-of-Rome-Berichts über die „Grenzen des Wachstums“ 1972 immer wieder gezeigt. 

Dass sich Systeme auch real wandeln, haben die Jahrzehnte nach dem zweiten Weltkrieg sehr deutlich gezeigt, in denen praktisch alles, was uns um gibt, anders geworden ist, als wir es uns jemals vorstellen konnten. Vom Wirtschaftswunder in den 1950er Jahren über den Aufbruch der 1960er, die „Energiekrisen“ der 1970 und 1980, dem Zusammenbruch des „Kommunismus“ Ende des „Kalten Kriegs“ in den 1990ern, dem Neoliberalimus der Nuller-Jahre dieses Jahrhunderts, der Revolution durch künstliche Intelligenz in den letzten zehn Jahren, die aber auch neue Soziale Bewegungen mit sich brachten bis zur Pandemie und Krieg in Europa, die uns teilweise auch dramatische Rückschritte bescheren. 

Leave no one behind! ist eine zentrale Forderung der Agenda 2030 der UNO – die als die aktuelle Konkretisierung der Idee „Nachhaltigkeit“ angesehen werden kann, auf die sich die Staaten der Erde 2015 mit ihren 17 globalen Entwicklungszielen (SDGs) verpflichtet haben. Zwei dieser Ziele beziehen sich explizit auf Klimawandel (13) und Biodiversität (15). Um die Lebensqualität aller zu verbessern, müssen dabei die anderen Ziele ebenso erreicht werden: von Armutsvermeidung (1), über Gesundheit (3), Bildung (4), Arbeit und Wachstum (8) bis hin zum Frieden (16). Dazu gehören Resilienz und Anpassung an das Unvermeidliche ebenso wie die Vermeidung einer weiteren Vertiefung der angesprochenen Krisen.

Wie kann nun aus vielen guten Ideen, eine echte Transformation in Richtung Nachhaltigkeit werden? Wenn es um die für die Zukunft gewünschte Entwicklung geht, haben Menschen Bilder im Kopf, die sie als Geschichten, wie die Welt für sie werden soll, formulieren. So kann das “gute Leben für alle” im Sinne eines “Leave no One Behind” unter den Bedingungen extremer Armut und Ungleichheit, wirtschaftlicher und Umwelt-Krisen konkretisiert und der Erfolg entsprechender Umsetzungsschritte in einem ganzheitlichen Sinn mit Hilfe eines Sets umfassender Leitindikatoren bewertet werden. Spiritualität, Kunst und Kultur spielen dabei neben der Wissenschaft und sozialer Bewegung zentrale Rollen. Diese sind gerade in Zeiten einer nicht mehr wachsenden Wirtschaft und angesichts der gegenwärtigen Krisen von Pandemie und Krieg und angesichts von Klimawandel und Artensterben besonders wichtig.

Das gilt für jede:n einzelne:n ebenso wie für ganz Österreich oder eine Region, aber auch in Unternehmen und anderen Organisationen. Immer geht es darum, mit den schon eingetretenen beziehungsweise nicht mehr zu vermeidenden Veränderungen adäquat umzugehen (=Anpassung) und gleichzeitig das mögliche zu tun, die Zukunft (unsere eigene sowie die unserer Kinder und Kindeskinder) zu verbessern. 

Um das zu erreichen, gilt es operationalisierbare Ziele zu setzen, deren Grad der Erreichung dann als Fortschritt gemessen werden kann. Fortschritt kann dabei nicht mit Einkommen/Profit und Wirtschaftswachstum gleichgesetzt werden, sondern bedeutet auch vor allem Fortschritt im Sinne des Gemeinwohls aller (jetzt und in Zukunft, hier und überall auf der Erde). Die Globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) mit ihren 169 „Targets“ stellen hierfür einen von allen Staaten der Welt vereinbarten Rahmen dar, die Gemeinwohlökonomie (GWÖ), ein Konzept zu deren Operationalisierung. Dementsprechend sollte das Ziel der Wirtschaft nicht Wirtschaftswachstum per se sein.

Im Kern geht es dabei um das gute Leben – das gute Leben aller, jetzt und in Zukunft. Damit sind unmittelbar Verteilungsfragen angeschnitten, vor allem globale Verteilungsfragen. Das Wohlergehen einiger darf nicht auf Kosten anderer gehen. Billige Produkte, auf denen unser Wohlstand in den früh industrialisierten Ländern beruht, basiert oft auf niedrigen Einkommen und schlechten Arbeitsbedingungen der Produzent*innen. Das gilt aber auch für die Erbringer von Dienstleistungen in unserer Gesellschaft – vom Tellerwäscher im Restaurant bis zur Reinigungskraft im Museum.Das Wirtschaftssystem sollte so ausgelegt sein, dass es nachhaltig innerhalb planetarer Grenzen bestehen kann und gleichzeitig die Erreichung sozialer Ziele, besonders die Lebensqualität, ermöglicht beziehungsweise erhält, unabhängig davon, ob die Wirtschaft monetär gesehen wächst oder nicht. Unternehmen können dazu wesentliche Beiträge leisten.

Links: 

Das Wellbeing-Projekt des Austrian Chapter des Club of Rome.