Ein Bericht von Friedrich Hinterberger und Markus Fischer

“It must be a real cooperation – also for the benefit of Africa” sagte Hannes Swoboda am 30.1.2023 bei unserer Veranstaltung „Europäische Partnerschaften für grünen Wasserstoff mit Afrika“ im Reiter-Saal der OeKB in Wien. Er sieht den Green Deal zwischen Europa und Marokko als ersten Schritt und verweist auf die ermutigende Kooperation zwischen Deutschland und Namibia, über die uns Rainer Baake berichtet hat.

Michael Losch, der die Veranstaltung moderierte, erinnerte uns daran, dass das Kooperationsprojekt zwischen Deutschland und Namibia eine Größenordnung von 2/3 des für Österreich beschlossenen zusätzlichen Bedarfs an erneuerbarer Energie schafft. Und es passiert bereits einiges: Hamead Ahrary (Verbund) arbeitet daran erneuerbaren Wasserstoff aus Tunesien nach Österreich zu bringen. Der Tunesier Imed Derouiche (H2G Green Hydrogen) sieht Österreich und Tunesien in einer hervorragenden Position für eine intensivierte Kooperation. Aber es gibt auch „rocks on the road“, auf die uns Christian Bouda (Innovation Incubation Center & Papillion International Charity) hingewiesen hat, der langjährige Erfahrung in Tunesien zurück blicken kann. Dazu gehöre die fragile politische Situation. 

Wie kann man dafür sorgen, dass mehr Menschen auf beiden Kontinenten von diesen Projekten profitieren? 

Dazu braucht es u.a. die Integration einer dezentralen Photovoltaik-Technologie auf die unzähligen Dächer im Land, die dafür prädestiniert sind sowie Menschen, die dafür ausgebildet werden. In Österreich wurden mit zwei vom BMK initiierten Projekten einige wichtige Schritte gesetzt: Georg Wagner (Atmove) berichtete von den umfangreichen Stakeholder-Prozessen, die dazu organisiert wurden und  Petra Schwager (Climate and Technology Partnerships Division UNIDO) brachte die  Rolle ihrer Organisation ins Spiel, die im März zu einen international besetzten Workshop in Tunis führen soll. In der Diskussion wurden vor allem soziale Fragen aufgeworfen, die die Einbeziehung der tunesischen Bevölkerung betraf, aber auch Korruption und politische Instabilitäten in dem nordafrikanischen Markt. 

Smart Metering sei dafür ein Schlüssel, meinte Christian Bouda, weil damit die Profite aus der Photovoltaik auch an die Menschen im Land verteilt werden könnten. Entsprechend plädiert auch Quentin Blommaert (H2-Diplo) bei der deutschen GIZ dafür, das Thema Wasserstoff ganzheitlich und auch wertschöpfungskettenübergreifend zu betrachten. Ins gleiche Horn stößt auch Reinhold Lang (em. Prof. Johannes Kepler University Linz) und erinnert an den im österreichischen Regierungsprogramm stehenden „Green Deal“ für die österreichische Industrie, die weltweit einzigartig sei. Die Industrie stehe dafür in den Startlöchern und wir haben die Möglichkeiten, das auch umzusetzen. Aber es ist noch sehr viel zu verhandeln und zu tun.

Harald Waiglein (Economic Policy, Financial Markets and Customs BMF) plädiert dabei für ein multilaterales Vorgehen wie z.B. über die Weltbank. Entsprechend hat auch Elfriede A. More (Österreichisches Klimaministerium) auf die österreichische Wasserstoffstrategie hingewiesen und meinte „wir werden internationale Wasserstoffallianzen mit mehreren Ländern brauchen“ – inklusive Kooperation auf EU-Ebene.

Daniel Dahm (Deutschen Gesellschaft Club of Rome & United Sustainability Group) plädiert demgegenüber für ein polyzentrisches Vorgehen – das wäre auch eine Chance für Österreich. Zudem erwähnt er die Herausforderung der Schaffung von Vorteilen für die lokale Bevölkerung. Mehrere Redner:innen wiesen auf die Gefahr hin, dass grüne Energie exportiert werden könnte, während die Entwicklungsländer mit fossilen Brennstoffen zurückbleiben würden. Deswegen berichtete Daniel Dahm von den Erfahrungen mit Desertec und betonte die Notwendigkeit der Einbeziehung der lokalen Zivilgesellschaft.

Die Veranstaltung vermittelte jedoch den eindeutigen Eindruck, dass neue Energieprojekte über eine ausbeuterische Denkweise hinausgehen müssen. Alle Teilnehmer:innen waren sich einig, dass Partnerschaften für Europa und Afrika von Vorteil sein und einen lokalen Mehrwert schaffen können. Im Beispiel Namibias wird das 6-GW-Projekt zu 16.000 neuen Arbeitsplätzen führen. Der neue Energieplan Tunesiens wird zu einem massiven Wachstum bei den erneuerbaren Energien führen. Laut Mohamed Mezghani (Botschafter der Republik Tunesien in Wien) wird die tunesische Vision eine neue Dynamik und neue Geschäftsmöglichkeiten auslösen – auch für österreichische Investor:innen, die sich auf hochwertige Sektoren wie Wasserstoff konzentrieren. 

Dabei müsse auch die Finanzierung breiter aufgestellt werden. Dafür brauche es auch Entwicklungskapital. Sabine Gaber (OeEB) beschrieb zum Abschluss die diesbezügliche Arbeit ihrer Organisation. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wenn die Herausforderungen bei der Finanzierung und der lokalen Wertschöpfung überwunden werden können, können die beiden Kontinente das neue Energiezeitalter neu definieren.

Am Nachmittag moderierte Nathalie Spittler, ebenfalls Mitglied im Austrian Chapter, einen Workshop mit ca. 20 Teilnehmer:innen der Veranstaltung, in dem die verschiedenen Beiträge der Speaker vom Vormittag in einen systemischen Gesamtzusammenhang gebracht werden sollten. An den vorläufigen Ergebnissen der drei Stunden soll in naher Zukunft gemeinsam weiter gearbeitet werden.

Die sehr interessanten Diskussionsrunden haben jedenfalls viele Fragen aufgeworfen, beantwortet und zur weiteren Diskussion offen gelassen. Vor allem Fragen, über die gerade dann auch weiter diskutiert werden muss, wenn der Zug in Richtung internationaler Kooperation zum Thema Energie und Wasserstoff Fahrt aufnimmt – hoffentlich ohne Stillstand.

Wenn der Club of Rome weiter eine Plattform zur Verfügung stellen kann/darf/soll, machen wir das gerne!

Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Martin Hoffmann bedanken, der diese Veranstaltung organisatorisch erst möglich gemacht hat. Ebenso bei Lisa-Marie Weidl, die dafür sorgt, dass das, was wir hier diskutieren, auch außerhalb verbreitet wird, sowie Michael Losch für die inhaltliche Vorbereitung. Schließlich auch Hannes Swoboda, nicht nur für die einführenden Worte, sondern, weil er nie müde wird, den Blick über die Grenzen des Landes hinaus zu lenken.

Weiterer Dank gebührt dem World Energy Council als Kooperationspartner und dem OeEB, dass wir wieder den Reiter-Saal für ein Zusammenkommen nutzen durften.